Interview zum Buch „Heilung aus der Mitte“ mit Anne Devillard
Alle Krisen und Prüfungen bringen uns – auch wenn wir es zunächst nicht wahrnehmen können – dem näher, wonach wir uns am meisten sehnen, und beinhalten die Integration dessen, was wir im tiefen Inneren sind. “Werde der, der du bist” steht also im Zentrum jeder Heilung. Gleichgültig aus welcher Perspektive, dieses Thema betrachtet wird, geht es in der Tiefe um diese Botschaft, die bereits auf der Tafel des Tempels von Delphi stand. „Werde der, der du bist“ ist auch die Kernaussage des Buches von Anne Devillard, das im Verlag Driediger erschienen ist.
VISIONEN sprach mit der Autorin.
Ihr Buch „Heilung aus der Mitte – Werde der, der du bist“ ist seit Anfang des Jahres auf dem Markt und stößt auf große Resonanz. Welche Botschaft möchten Sie mit diesem Buch vermitteln?
Die ganze Aussage des Buches steht eigentlich in seinem Untertitel: „Werde der, der du bist“. Auf den ersten Blick scheint es widersprüchlich, zu werden, was man bereits ist, aber der Kern der Botschaft liegt gerade darin: bewusst zu erkennen, wer wir sind, was uns ausmacht, was wir brauchen, um glücklich und gesund zu sein – unserer einmaligen Persönlichkeit entsprechend. Es ist also ein Bewusstwerdungs-Prozess, der mit der Erforschung des Selbst einhergeht, eine Reflektion über das, was wir wirklich sind. Wir sind es schon zwar, aber es gilt dies mit vollem Bewusstsein zu erkennen und nach außen zu bringen – in Form der Talente, die wir haben und der Art und Weise, wie wir auf andere und die Anforderungen des Lebens reagieren. Es geht also im Laufe unseres Lebens nicht darum, ein anderer zu werden, sondern ein großes Ja zu sich selbst auszusprechen.
In Ihrem Buch sprechen Sie vom Leben als Lehrmeister. Was ist damit gemeint?
Man denkt, dass nur Personen unsere Lehrer sein können. Aber das Leben an sich ist unser größter Lehrmeister, denn es bringt ununterbrochen Situationen und Veränderungen, die uns zwingen, uns weiterzuentwickeln – auch wenn wir es zunächst nicht sehen können. Wie zum Beispiel im Fall einer Trennung. Zunächst tut es weh, aber dann rückblickend merken wir, dass sie notwendig war, weil die Beziehung uns gehindert hat, wirklich der zu sein, der wir sind.
Sie lassen in Ihrem Buch verschiedene Referenten zu Wort kommen. Viele haben sich bereits einen Namen erworben. Sie kommen teilweise aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Was verbindet aber diese Menschen?
Zu Wort kommen Ärzte wie Dr. Ruediger Dahlke, der einen entscheidenden Beitrag zu der psychosomatischen Deutung von Krankheitsbildern geleistet hat, oder Dr. Wolf Büntig, der Begründer der potentialorientierten Psychotherapie, die mit der Erforschung der menschlichen Ressourcen arbeitet. Auch der bekannte Quantenphysiker und Träger des Alternativen Nobelpreises, Prof. Hans-Peter Dürr, der als Wanderer zwischen den Welten eine Brücke zwischen Wissenschaft und Spiritualität schlägt, hat sich zum Thema der Heilung geäußert. Philosophen wie Ken Wilber, Andrew Cohen oder Dr. Christina Kessler laden uns ein, den Reichtum unseres Wesens zu erkennen und ans Licht zu bringen. Alle diese Menschen engagieren sich schon seit Jahren, um neue Lebensperspektiven aufzuzeigen und uns für eine andere Dimension des Lebens zu öffnen. Ihnen gemeinsam ist ihr unermüdliches Engagement in der Verbreitung der Botschaft, dass wir mehr sind, als wir glauben zu sein.
„Heilung aus der Mitte“ – das ist der Titel Ihres Buches. Inwieweit hat Heilung mit Spiritualität und Selbsterkenntnis zu tun?
Wenn man krank wird, vor allem wenn man unter einer lebensbedrohlichen Erkrankung wie z. B. Krebs leidet, wird man von Grund auf erschüttert und stößt an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Gibt man sich aber dem Heilungsprozess hin – der ein Prozess des Werdens, der Transformation ist –, dann merkt man, dass man aufgefordert wird, wieder „ganz“ (heil) zu werden, d.h. die Anteile zu integrieren, die man vernachlässigt hat, aber die man unbedingt braucht, um glücklich zu sein. In jedem Menschen pulsiert der angeborene Wille zur (Selbst)Heilung. Auch wenn es viele Wege gibt, liegt allen Heilungsprozessen ein gemeinsamer Nenner zugrunde, nämlich dass Heilung ab dem Moment geschieht, in dem eine Person in Kontakt mit sich und ihrem wahren Kern ist. Deshalb kommt Heilung immer aus unserer Mitte, aus dem Zentrum unseres Selbst, da wo wir in Kontakt mit dem göttlichen Teil in uns sind. Gesundheit ist also viel mehr als eine Abwesenheit von Beschwerden. Sie ist die Art und Weise, wie man in seinem Leben präsent und in Übereinstimmung mit seinem Lebensauftrag ist. Gesundheit hat mit Bewusstsein zu tun, denn Heilung geht immer mit einem Prozess der Selbsterkenntnis einher, während dessen man Kontakt zu seiner Seele aufnimmt. Der Heilungsprozess fordert uns auf, uns den blockierenden Aspekten unserer Vergangenheit zu stellen, um in mehr Leichtigkeit und Freude zu kommen. In der Sprache der Aborigines gibt es kein Wort für Heilung, man spricht bei körperlichen oder psychischen Beschwerden von „Jemanden wieder glücklich machen“. Darum geht es: wieder im Einklang mit sich selbst leben und mit einer leichteren Reisetasche durch das Leben wandern und es in vollen Zügen genießen!